Interview: Die faszinierende Renaissance der Diaprojektion

„Wenn es eines Tages keine Diaprojektoren mehr gibt, bauen wir selber einen“
Interview mit einem international aufgestellten Fotohändler in München
für ausgewählte, hochwertige Analogkameras und gut gewartete, überholte und perfekt funktionierende Diaprojektoren.

von Hermann Groeneveld / SilvergrainClassics.

Im Interview mit Thomas Fladung & Manfred Schmidt, heidi-foto GmbH

„Die analoge Fotografie und Diaprojektion ist bis heute ein faszinierendes und einzigartiges Medium. Wir sind von seiner Ausstrahlung, der exzellenten Bildqualität, der Haltbarkeit der analogen Dias und Schwarzweißbilder, sowie dem einfachen und in Echtzeit auszuführenden Workflow überzeugt!“

heidi-foto ist seit 1948 in München der Fotohändler für ausgewählte, hochwertige Analogkameras. Ein Schwerpunkt ist der weltweite An- und Verkauf von legendären Kameras von Hasselblad, Leica, Rolleiflex, Contax, Plaubel und vielen anderen aus der Blütezeit der analogen Fototechnik!

Und bei heidi-foto erhält man gut gewartete, generalüberholte und perfekt funktionierende Diaprojektoren der ehemaligen Hersteller Rollei, Leica, Zeiss mit Garantie und sicherem Versand weltweit. Silvergrain Classics besuchte das traditionsreiche Fotogeschäft im Herzen Münchens und sprach mit den beiden Geschäftsführern Thomas Fassung und Manfred Schmidt.

Hermann Groeneveld / SilvergrainClassics (HG): Herr Fladung, Herr Schmidt, vielen Dank dass Sie sich die Zeit nehmen, unseren Leserinnen und Lesern einen Einblick in heidi-foto zu geben und um mit uns über das interessante Thema Diaprojektion zu sprechen.

Sie sind mit ihrem Unternehmen überwiegend in der analogen Bildwelt unterwegs. Bei Ihnen gibt es schöne, analoge Kameras von Kleinbild über Mittelformat bis hin zum Großbild, werkstattgeprüft und mit Garantie, versteht sich. Breiten Raum nimmt bei Ihnen die Diaprojektion mit Ihrem Standbein DiaVision ein.

Herr Fladung, erzählen Sie uns doch bitte, wie alles anfing. Wer ist Heidi?

Thomas Fladung / Geschäftsführer heidi-foto München (TF)
Die Gründung unseres Unternehmens geht auf das Jahr 1948 zurück. Nach dem Krieg machten sich meine Eltern als Fotografen mit einem kleinen Laden selbstständig, im Stadtteil München Laim, wo wir heute noch ansässig sind. Der ursprüngliche Firmenname war Heidenreiter. Soweit ich mich erinnere, war es meine Mutter, die fand, das der Name zu lang sei. So wurde sehr schnell heidi-foto daraus.
Im Laufe der Jahrzehnte vergrößerten wir uns schrittweise, zogen ein paar mal um. Ich stieg 1983 ins Unternehmen ein, übernahm zunächst ein anderes Fotogeschäft in unserer Region, bis ich Geschäftsführer von heidi-foto wurde. Seit 2018 liegt unser Standort mit großzügiger Laden- und Ausstellungsfläche, Werkstatt und Ersatzteilelager direkt an der U-Bahn-Endhaltestelle Laimer Platz.

HG
Sie sind beide überzeugte Analog-Fotografen? Was sind denn Ihre Lieblings-Kameras?

Manfred Schmidt / heidi-foto, DiaVision (MS)
Die zweiäugige Rollei und die M-Leica sind meine Favoriten. Es darf auch mal eine alte Canon sein.

TF
Mir gefällt alles an analogem Equipment, das Charakter hat – ich bin da sehr breit aufgestellt.

HG
Wie hat sich der filmbasierte Fotomarkt nach Ihrer Einschätzung entwickelt, seit dem Einzug der Digitalfotografie?

MS
Ende der 90er / Anfang der 2000er Jahre wurde die analoge Fotografie Tod gesagt. Einst hochpreisige und solide Kameras wurden dir geradezu nachgeworfen. Heute geht’s nur noch bergauf in dieser Szene. Die Preise steigen in allen Belangen der analogen Fotografie.

TF
Bei Filmen gibt es nur ein eingeschränktes Repertoire. Man kann aber feststellen, solange es analoge Kinofilme gibt und solche auch produziert werden, solange wird es auch analoge Filmware für den Fotografen geben. Nachdem das anscheinend immer noch gefragt ist, sehe ich da keine Probleme. Gleichwohl ist die Beschaffung von Filmware schwierig geworden. Im Augenblick entspannt sich die Situation zwar etwas. Allerdings haben die Preise enorm angezogen. Schwarzweiß- und Farbnegativ-Material haben wir jetzt relativ zuverlässig verfügbar. Diamaterial immer zu bekommen, ist derzeit noch schwierig, eine leichte Besserung, bei der Verfügbarkeit ist spürbar.

HG
Gibt es außer der reinen Liebhaberei und dem künstlerischen Aspekt der analogen Fotografie auch Fotografen mit einem professionellen Anspruch?

TF
Das ist gut möglich. Es gibt schon mal die eine oder andere Nachfrage von einem Profi, der ein Problem mit seiner Kamera hat. Allerdings sind wir von dem professionellen Business zu weit weg, um das schlüssig beurteilen zu können.

HG
Kommen wir zur Diaprojektion, um die es in unserem heutigen Gespräch eigentlich gehen soll. Wie sieht Ihre Klientel aus, die sich für die klassische Diaprojektion interessiert?

MS
Im Bereich DiaVision haben sich nach meinen Erfahrungen ganz klar zwei Gruppen heraus kristallisiert: Da ist einmal die Gruppe 50 plus. Die haben in der Regel ein großes Dia-Archiv, teils gar von ihren Vorfahren übernommen, und möchten ihre Schätze auch weiterhin auf der Kinoleinwand genießen, meistens im heimischen Umfeld, mit Familie und Freunden. Sie nehmen sich wieder die Zeit, sich mit ihren Bildern auseinander zu setzen. Nicht selten bedarf es dazu erst einmal eines ordentlichen Projektors, den sie nebst Zubehör, wie z. B. einer auf Diaprojektion abgestimmten Leinwand bei uns bekommen.
Dann gibt es da die ganz Jungen, die zu uns kommen und absolut keine Ahnung vom Dia haben. Die sind einfach fasziniert davon, das sich ein kleines Dia vergleichsweise zu anderen, digitalen Medien auf einmal riesengroß und farbenfroh an die Wand projizieren lässt.

HG
Wie gehen die jungen Menschen das Medium Diaprojektion an?

MS
Ganz einfach: Sie steigen ein, fotografieren auf Diamaterial, kaufen sich einen Projektor und ggf. noch eine Leinwand – und los gehts. Dabei mit sehr viel Kreativität und durchaus auch künstlerischem Anspruch. Indem z. B. unterschiedlichste Filmmaterialien ausprobiert werden, Farbe, Schwarzweiß oder gar Materialien für Kinofilme. Ich habe Kunden, teils unter 30 Jahre alt, die sich einen Diaprojektor mit Timer kaufen, um mit klassischer Diaprojektion eine künstlerische Ausstellung zu bestücken.

HG
Mit welchen Erwartungen kommen Menschen zu Ihnen?

MS
Häufig mit, ich habe einen alten Diaprojektor, können Sie den reparieren, oder, ich suche einen vernünftigen Diaprojektor.

HG
Müssen Sie da nicht Prioritäten setzen, was die technologische Vielfalt an unterschiedlichen Modellen bei Projektoren betrifft?

MS
Genau das ist der Punkt: Es gab in den 80er Jahren eine derartige Fülle an Diaprojektoren, dass wir uns konsequent fokussiert haben auf Rollei, Leica, Zeiss und bei Rundmagazinen auf Kodak, Leica und Hasselblad. Wir können nicht alles abdecken. Dafür bieten wir für die genannten Marken auch den kompletten Service.

HG
Wie können Sie diesen Service gewährleisten?

MS
Wir sind zu dritt: Je ein Spezialist für Mechanik und für Elektronik. Viele Reparaturen übernehme ich durchaus selber – ich bin in den 70er Jahren damit groß geworden.

HG
Wenn Sie ein seltenes Ersatzteil für einen alten Projektor benötigen, suchen Sie im Internet?

MS
Nein, ich finde es in unserem Keller. Bei dem Umfang an Ersatzteilen, die wir noch vorrätig haben, kam uns natürlich u. a. zur Hilfe, dass wir mit Rolleis Insolvenz deren komplette Bestände an Projektoren und Teilen übernehmen konnten. Sammeln ist darüber hinaus ein wichtiger Punkt. Unser Fachwissen hilft uns natürlich, noch den Wert eines alten Gerätes zu erkennen, das vielleicht der Verschrottung geweiht ist.

HG
Welchen Projektor empfehlen Sie für welche Anwendung?

MS
Wenn jemand nur gelegentlich ein paar alte Dias ansehen will, ist er mit einem Einzelbild-Projektor beispielsweise von Leica bestens ausgerüstet. Die Geräte sind robust und einfach zu bedienen. Schaut jemand häufig Dias an, weil die Projektion ein fester Bestandteil seiner Präsentationsart ist, kommt er um einen Rollei MSC twin nicht herum. Weil alles andere, wie die klassische Einzelbild-Projektion mit Hell- / Dunkelwechsel einfach zu ermüdend ist. Das gleichmäßige, filmähnliche Betrachten von Bildern kommt nicht zuletzt von unseren digitalen Medien und ist heute eine Selbstverständlichkeit.
Der Rollei MSC twin ist genial. Er erfüllt exakt diese Anforderung. Dabei ist er einfacher zu bedienen, als ein Mobiltelefon: Magazin rein, Knopf drücken und los gehts.

HG
Werden noch Diaprojektoren hergestellt?

MS
Ja, es gibt in der Tat einen Hersteller. Ich bezeichne das aber nicht als einen vernünftigen Diaprojektor. Für erheblich weniger Geld würde der Kunde bei uns einen weitaus hochwertigeren, werkstattgeprüften Diaprojektor von Leica oder Rollei bekommen. Der wäre schon mal mechanisch um einiges besser, was das problemlose Handling unterschiedlichster Magazinformate betrifft. Ganz zu schweigen von der um ein Vielfaches höheren optischen Leistung.

HG
Was, wenn es eines Tages keine Diaprojektoren mehr gibt, wenn Ihr Keller leer ist?

MS
Dann bauen wir selber Diaprojektoren. Das ist eine Idee, die ich schon länger im Kopf habe. Ich wüsste auch, das wir das könnten. Aber da gibt es nichts Konkretes, nichts worüber wir jetzt spekulieren sollten. Ich kann mir aber definitiv vorstellen, dass sich ein Unternehmen in der Fotobranche irgendwann auf den Weg macht, Diaprojektoren zu bauen.

HG
Ist Ihr Unternehmen international aufgestellt?

MS
Oh ja – zu 50 Prozent, mit selbstverständlich internationalem Versand. Auch in Deutschland beläuft sich übrigens der Verkauf zu nur etwa einem Prozent über unser Ladengeschäft. Alles andere funktioniert über den Versandhandel. Wir können einen Diaprojektor dreimal um die Welt schicken, ohne das er dabei kaputt geht.

HG
Was bedeutet die Rückbesinnung auf alte, analoge Technologien für Sie persönlich?

MS
Ich vergleiche es gerne mit Musikhören. Sie können heute jeden Titel der Welt für kleines Geld in ihre Wohnung, auf ihr digitales Endgerät streamen. Ich betreibe gerne den Aufwand, eine Schallplatte aufzulegen, höre Musik über einen alten Röhrenverstärker und gute Boxen. Dabei geht es mir noch garnicht mal um Qualität, sondern um den Erlebnisfaktor …

TF
… um das Zelebrieren …

MS
… genau. So ist es auch mit der Diaprojektion: Ich muß den Raum verdunkeln, die Leinwand hochziehen, den Projektor einschalten – da kommt das Lüftergeräusch …

TF
… und da ist es wieder, das Kinofeeling der 70er, 80er und 90er Jahre. Das kann ein PC nicht bieten. Es beginnt ja schon mit dem Auslösegeräusch einer analogen Kamera, einer Hasselblad, einer Leica, einer Minolta XD 7 oder einer Nikon FE 2 – sowas gibt es heute nicht mehr.

HG
Analog fotografiertes findet früher oder später seinen Weg auch in die digitale Bilderwelt, zumindest teilweise. Scannen oder mit der Digitalkamera abfotografieren gehört heute zum Workflow vieler Analogfotografen. Empfinden Sie das Konkurrenz zur Diaprojektion?

TF
Nein, keineswegs. Natürlich hat der hybride Workflow in der analogen Fotografie, also das nachträgliche Digitalisieren von Filmen absolut seine Berechtigung. Soziale Medien mit Bildern zu beschicken, ist ein Punkt. Hochwertige Drucke sind eine weitere Anwendung, das vorherige Optimieren des Bildergebnisses am Computer eingeschlossen. Der Charme der digitalen Bearbeitung mit seinen vielen Möglichkeiten ist zweifellos gegeben.
Ein perfekt belichtetes Dia mit einem hochwertigen Projektor auf einer hochwertigen Leinwand projiziert, ergibt ein brillantes, farbenfrohes und mit Leuchtkraft versehenes Bild. Da müsste man schon sehr viel Geld investieren, um dass auf dem digitalen Wege mit einem Hochleistung-Beamer zu erreichen. Ich bin überzeugt: Das Dia ist von der Einfachheit her und gemessen an dem, was es letztlich an Brillanz auf die Leinwand zaubert, so schnell nicht zu überbieten.

MS
Ein großer Irrtum besteht meines Erachtens häufig in der Annahme, das digital projizierte Bild zeige die realen Farben des Motivs. Um Farbtreue wenigstens annähernd zu erreichen, bedarf es einer aufwendigen und teuren Kalibrierung aller digitalen Geräte in der Prozesskette, von der Eingabe bis zur Ausgabe. Das Dia dagegen ist in der Tat einfach und kostengünstig zu handhaben.

HG
Wie ist es um die Haltbarkeit von Dias bestellt?

TF
Bei sachgerechter, kühler und trockener Lagerung wird das Dia seine Brillanz auch in 50 Jahren noch aufweisen. Ob digitale Bilddaten 50 Jahre unbeschadet überstehen können? Sicher wird auch das möglich sein, aber nicht ohne einem hohen technischen Aufwand und einer ständigen, zumindest punktuellen Qualitätskontrolle der Daten.

HG
Was wünschen Sie sich von der Fotoindustrie?

MS
Filme, Diaprojektoren und Leinwände. Filme gibt es zu wenig, sie sind zu teuer. Leinwände sind heute auf Beamer abgestimmt und erfüllen die Qualitätskriterien einer klassischen Diaprojektion bei weitem nicht mehr. Diaprojektoren sind nahezu gänzlich vom Markt verschwunden.
Wenn es jedoch so weiter geht mit der analogen Fotografie, die Trendkurve geht bereits seit ein paar Jahren stets leicht nach oben, dann sind wir glücklich und zufrieden.

TF
Und wir können unsere Kunden glücklich machen – das liegt uns sehr am Herzen.

HG
Herr Fladung, Herr Schmidt wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg

Zur Websiete SilvergrainClassic mit dem Interview in English:

https://silvergrainclassics.com/en/2024/12/interview_heidi_foto/

Zur Webseite APHOG.com mit dem Interview auf Deutsch:

https://www.aphog.com/wenn-es-eines-tages-keine-diaprojektoren-mehr-gibt/

Übrigens: Für Analogfotografen eine wirklich empfehlenswerte Zeitschrift in englischer Sprache: https://silvergrainclassics.com/

Dazu das deutsche Analog Portal mit eine sehr interessantes Forum welches alle Bereiche der Analogen Fotografie abdeckt und wirklich gut moderiert wird: https://www.aphog.com/